Die Artenvielfalt ist ein zentraler Bestandteil eines gesunden und funktionierenden Ökosystems. So leisten Insekten durch das Bestäuben von Pflanzen einen wichtigen Beitrag in der Nahrungsmittelproduktion und damit auch für die Ernährungssicherheit. Wälder und Pflanzen wiederum speichern grosse Mengen CO₂ langfristig und reinigen die Luft, während Feuchtgebiete und Moore das Wasser filtern und die Wasserqualität verbessern.
Doch die Biodiversität nimmt rund um den Globus ab. Die Situation ist besorgniserregend: mittlerweile sind Millionen Pflanzen-, Tier- und Insektenarten vom Aussterben bedroht. Und es ist kein Ende in Sicht, immer mehr wichtige Lebensräume und Naturflächen werden von Menschen oder durch klimatische Veränderungen zerstört.
In Zahlen ausgedrückt sind durch den Biodiversitätsverlust 44 Billionen US-Dollar – mehr als die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung gemessen an den Bruttoinlandprodukten – an wirtschaftlichem Wert potenziell gefährdet.
Neben vielen anderen, menschgemachten Faktoren hat auch der Klimawandel tiefgreifende negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster, Lebensraumverlust, Wasserknappheit, Ernteausfälle, Wüstenbildung, Versauerung der Ozeane oder Häufung von Extremwetterereignissen: All diese Entwicklungen setzen lokale Ökosysteme sowie die darin lebenden Pflanzen und Tiere unter Druck. In der Folge sind viele Arten gezwungen, ihre Habitate zu verlassen, um zu überleben, oder stehen bereits vor dem Aussterben.
Umgekehrt verschärft der Verlust der Biodiversität die Klimakrise. Denn funktionierende Ökosysteme an Land und in den Ozeanen nehmen einen grossen Teil der menschenverursachten CO2-Emissionen wieder auf.
Beispielsweise speichern Wälder grosse Mengen an Kohlenstoff. Die Zerstörung bewaldeter Gebiete durch Abholzung oder Brände setzt den gespeicherten Kohlenstoff als CO₂ aber wieder frei, was zur Erhöhung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre beiträgt.
Ein anderes Beispiel sind Moore und Mangrovenwälder. Sie sind normalerweise Kohlenstoffsenken. Werden sie aber geschädigt oder gar zerstört, können Sie diese Funktion nicht mehr erfüllen. Die Integrität und Funktionalität von Ökosystemen sind daher entscheidend für die Stabilisierung des Klimas.
Die Artenvielfalt leidet auch in der Schweiz. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) schätzt, dass hierzulande rund ein Drittel aller Arten und die Hälfte aller Lebensraumtypen gefährdet sind. Dabei steht die Biodiversität in Gewässer- und Uferzonen, im Siedlungsgebiet sowie auf Landwirtschaftsflächen am stärksten unter Druck.
Zu den wichtigsten Ursachen zählen mangelnde Flächen und zunehmende Bodenversiegelung, die Zerschneidung von Lebensräumen durch Siedlungen und Infrastruktur, eine intensive landwirtschaftliche Nutzung sowie übermässige Stickstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträge.
Die Problematik ist im Grundsatz erkannt. Der Bund hat sich die langfristige Förderung der Biodiversität zum Ziel gesetzt und setzt verschiedene Massnahmen um. Bei der Umsetzung harzt es allerdings. Naturschutzverbände forderten den Bundesrat zuletzt auf, die Bemühungen zu verstärken.
Klar ist: die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust hängen eng zusammen. Der Schutz der Artenvielfalt trägt daher viel zum Klimaschutz bei und sollte ergänzend zur Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft stattfinden.
Es gibt zahlreiche Ansätze, die sowohl den Biodiversitätsverlust eindämmen als auch zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen. Ein Beispiel sind naturbasierte Lösungen, die den Fokus auf den Schutz, Wiederaufbau und das nachhaltige Management von Ökosystemen legen.
Aufforstungen mit einheimischen Baumarten oder die Renaturierung von Mooren binden nicht nur Kohlenstoff aus der Atmosphäre in der Biomasse, sondern schaffen gleichzeitig neue, spezialisierte Lebensräume für unzählige Tier- und Pflanzenarten.
Solche Projekte, beispielsweise das Agroforstprogramm in der ganzen deutschsprachigen Region oder die Hochmoor-Renaturierung in der Freiburger Gemeinde Niremont zeigen, dass der Schutz der Biodiversität nicht nur ein Nebeneffekt, sondern ein integraler Bestandteil der naturbasierten Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel ist.
Die Förderung von Biodiversität ist auch im Privaten möglich und wirksam. So gibt es, neben Spenden für (naturbasierte) Klimaschutzprojekte, mehrere Hebel für Privatpersonen. Beispielsweise das Anlegen eines naturnahen Gartens oder das Pflanzen von insektenfreundlichen Blumen auf dem Balkon.
Aber auch andere Entscheide wie der Verzicht auf schädliche Produkte, die konsequente Nutzung klimafreundlicher Technologien, das Reisen in Europa anstatt in Übersee oder das Wählen umweltbewusster Politiker*innen leisten einen Beitrag im Kampf gegen die Biodiversitäts- und Klimakrise.
Im beruflichen Leben kann man sich zum Schutz des Klimas und der Artenvielfalt dafür einsetzen, dass die eigene Organisation den Weg Richtung Netto-Null einschlägt. Zum Beispiel über die Erarbeitung einer umfassenden Klimastrategie oder nur schon durch die Umsetzung einzelner gezielter Massnahmen zur Reduktion der betrieblichen CO2-Emissionen oder die Unterstützung wirksamer Klimaschutzprojekte. Oder aber auch durch die Schulung und Aktivierung von Mitarbeitenden und Lernenden.
Quellen:
Klimawandel und Biodiversitätsverlust gemeinsam angehen, Faktenblatt SCNAT 2021.
Arneth et al. 2020
WWF 2023
IPircle: lBES-IPCC Co-Sponsored Workshop on Biodiversity and Climate Change
WEF 2023 – Biodiversity loss poses a fundamental risk to the global economy | World Economic Forum
Six reasons why we need biodiversity - WUR
Jaureguyberry et al. – The direct drivers of recent global anthropogenic biodiversity loss | Science Advances
WWF 2022 – 13 Tipps für mehr Artenvielfalt auf dem Balkon und im Garten (wwf.de)
Ritchie et al. – Breakdown of carbon dioxide, methane and nitrous oxide emissions by sector -Our World in Data
IPCC 2024 – Hauptaussagen
Bundesamt für Umwelt (BAFU)
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