Welche Bereiche umfasst die CSRD?
Harald Rettich: Sie umfasst sämtliche Bereiche, die unter das Schlagwort Nachhaltigkeit fallen und Mensch und Umwelt betreffen. Also die Umweltaspekte, Soziales und Governance. Konkreter sind damit Themen wie Verschmutzung, Wasser, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft gemeint. Und auch die soziale Nachhaltigkeit spielt zukünftig eine größere Rolle, ebenso wie die Themen Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen.
Die CSRD löst die bisher gültige «Non Financial Reporting Directive» (NFRD) ab und weitet die Berichtspflicht auf mehreren Ebenen enorm aus. Zukünftig werden bis zu fünf Mal mehr Unternehmen betroffen sein und sowohl die Breite an Daten als auch die verpflichtenden Berichtspunkte nehmen zu. Jeder einzelne Berichtspunkt ist sehr umfangreich. Beispielsweise kann allein die CO2-Bilanz, die ein Unternehmen aufstellen muss, bis zu ein Jahr dauern. Um den komplexen berichtspflichtigen Bereich «Klima» gut in die langfristige Unternehmensstrategie einzubetten, beraten und begleiten wir Unternehmen in diesem Segment partnerschaftlich.
Die Standards für die ESRS werden von Expertengruppen bei der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erstellt. Der erste Teil dieses Berichtsstands (Set 1) wurde nun nicht nur einen Monat später als geplant durch die EU-Kommission verabschiedet, er wurde auch abgeschwächt. Wo liegen die Unterschiede?
Harald Rettich: Ich sehe da Licht und Schatten. Zunächst ist es gut, dass die Nachhaltigkeitsberichtspflicht überhaupt beschlossen wurde und somit Unternehmen angehalten sind, die geforderten Themen zu hinterfragen. Außerdem wurde auch der geplante zeitliche Rahmen beibehalten.
Die jetzt beschlossene Version unterscheidet sich von der geplanten Vorlage vor allem darin, dass jetzt zunächst nur börsennotierte KMUs berichtspflichtig sind. KMUs unter 750 Mitarbeitende werden erst 2026 berichtspflichtig. Der gewünschte Effekt, möglichst viele Unternehmen schnell auf den Weg zu bringen, verpufft dadurch spürbar. Zudem wurden einige Datenpunkte von obligatorisch auf freiwillig umgestellt – gerade in den wichtigen Bereichen biologische Vielfalt und Leiharbeit.
Wie relevant sind CSRD und ESRS für europäische Unternehmen?
Harald Rettich: Diese Berichte sollen die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen verbessern und Investoren und Stakeholdern helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Diese Berichte gewinnen also immer mehr an Bedeutung. Die größte Neuerung ist sicherlich im Bereich der Vergleichbarkeit zu sehen. Denn vor der CSRD konnten Unternehmen frei wählen, welches Rahmenwerk sie für die Berichterstattung nutzen wollen. Am bekanntesten dürften hier der GRI-Standard oder die DNK-Erklärung sein. Mit der CSRD kommt nun eben auch der eigene Berichtsstandard ESRS. Unternehmen müssen nun auf diesen Standard umstellen und daher sind diese neuen Regelungen für betroffenen Betriebe natürlich höchst relevant.
Bedeuten diese Änderungen nun, dass Unternehmen mehr Zeit für den Nachhaltigkeitsbericht haben?
Harald Rettich: Ja und nein. Wir haben vor unserem letzten Cloud Talk eine Umfrage bei den teilnehmenden Unternehmen durchgeführt. In dieser Umfrage stellte sich heraus, dass bisher nicht einmal ein Viertel der Befragten einen Nachhaltigkeitsbericht vorweisen konnten. Über die Hälfte der Unternehmen hatte sich noch gar nicht mit dem Thema befasst.
Da mussten wir damals schon sagen: Das ist zeitlich gesehen ein Spiel mit dem Feuer. Denn für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes kann durchaus ein Jahr eingeplant werden. Ich würde daher keinem Unternehmen empfehlen zu lange zu warten, sondern die Zeit so früh wie möglich zu nutzen, um eine ganzheitliche Strategie aufzusetzen – zumal die Umsetzung in nationales Recht noch nicht final geklärt ist. Mein Ratschlag: Wer noch nicht angefangen hat, sollte weiterhin möglichst rasch starten.
Aber grundsätzlich können Unternehmen nun gelassener an die Nachhaltigkeitsberichte gehen?
Harald Rettich: Ganzheitlich betrachtet geht es darum, die Unternehmen so aufzustellen, dass sie einerseits resilient auf die Folgen der bereits voranschreitende Klimakrise reagieren können und andererseits nicht weiter dazu beitragen, diese zu beschleunigen. In den Nachhaltigkeitsbericht fließen die gesammelten Maßnahmen des Unternehmens ein und der Bericht liefert am Ende wichtige Erkenntnisse über die Handlungsfelder.
Der Zeitrahmen, den uns die EU vorgibt, hat wenig mit dem zu tun, was jetzt in Praxis dringend erforderlich ist. Die Klimakrise wartet nicht auf Fristen.
Der «Aufschub» durch die EU mag für einige zunächst bequem wirken, für das Klima ist es verlorene Zeit. Im Übrigen ist das auch hinsichtlich der Unternehmenspositionierung und im Wettbewerb ein wichtiges Thema. Konsumenten schauen sehr genau hin, welche Unternehmen sich ihrer Klimaverantwortung stellen und wollen Transparenz. Zusammengenommen ist es ein Gewinn für das Unternehmen, sich den Nachhaltigkeitsthemen stark zu widmen.
Wir haben uns bei myclimate darauf spezialisiert, Unternehmen genau hier zu unterstützen und erstellen im Rahmen der Klimastrategieberatung eine maßgeschneiderte Roadmap. Sie berücksichtigt dann in einem Gesamtkonzept sämtliche Gesichtspunkte: von Berichtspflichten über Förderprogramme sowie interne und externe Anforderungen bis hin zu kommunizierbaren Ergebnissen der Einsparungen von CO2 und Ressourcen. Unsere Umfrage zeigte nämlich auch: Die größten Herausforderungen für Unternehmen sind die Übersicht über die vielfältigen Anforderungen und Verordnungen sowie die Komplexität der notwenigen betrieblichen Maßnahmen.
Manche kritisieren den Verwaltungsaufwand der Unternehmen durch die Berichtspflichten entstehen. Zurecht?
Harald Rettich: Natürlich ist es erst einmal eine Aufgabe, die es zu bewältigen gibt. Aber Unternehmen sind ja nicht durchs Zugucken erfolgreich geworden, sondern weil sie sich mit einer guten Idee und betrieblichen Strategien zukunftsfest am Markt positioniert haben. Die Praxis zeigt uns bei myclimate, dass Unternehmen, die eine Klimastrategie mit in das unternehmerische Vorgehen integriert haben, auch langfristig erfolgreich sind. Sicherlich gibt es an einigen Stellen Verbesserungspotenziale, aber unterm Strich sprechen wir hier von zeitgemäßen Standards.
Warum folgte die EU-Kommission nicht den Empfehlungen der Expertengruppe EFRAG?
Harald Rettich: Davon bin ich tatsächlich etwas überrascht. Andererseits wirken in den EU-Gremien auch starke Kräfte, die weniger die Vorteile einer umfassenden Berichtserstattung sehen, sondern mehr den damit verbundenen Aufwand als Schreckgespenst darstellen.
Wie können sich Unternehmen vorbereiten und was sollten die nächsten Schritte sein?
Harald Rettich: Verantwortliche können sich auf unserer Webseite informieren oder die Aufzeichnung des myclimate Cloud Talks «Was die neue CSRD für Ihr Unternehmen bedeutet» ansehen. Dort werden schon viele Fragen thematisiert und beantwortet.
Ansonsten sollten Informationen eingeholt werden, ob und wann das eigene Unternehmen betroffen ist. Natürlich ist es immer sinnvoll, wenn alle bisher geleisteten Berichte aufgeführt und geprüft werden. Einige Unternehmen müssen bereits seit 2018 durch die NFRD über nicht-finanzielle Informationen zu Umweltschutz, sozialer Verantwortung etc. berichten. Diese müssen nun von NFRD zu CSRD umstellen. Da gilt es jetzt, sich einen guten Überblick über die neuen und die bereits erfüllte Anforderungen zu verschaffen.
Daher empfehle ich für das weitere Vorgehen einen Partner mit ins Boot zu holen, der das Unternehmen langfristig und strategisch begleitet. Bei myclimate bieten wir für den ersten Schritt den Initialworkshop Klimastrategie an. Mit diesem geben wir dem Unternehmen einen geordneten Überblick über den Status Quo, die Qualität der bisher geleisteten Berichte und eventuell notwendige Aktualisierungen. Im Anschluss erstellen wir eine übersichtliche Roadmap für die nächsten drei bis fünf Jahre, die wir mit begleiten. Durch den modulhaften Aufbau der myclimate Klimastrategieberatung gewinnt das komplexe Thema schnell an Übersichtlichkeit. Dann ist auch wieder Raum für wirksamen Klimaschutz mit Begeisterung. Ich bin davon überzeugt, dass dies nicht nur den Klimaschutz, sondern auch das Unternehmen mit Blick auf die Marktpositionierung und auch auf die Mitarbeitenden weit nach vorne bringt.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, welche die aktuell gültige Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) ersetzen soll. Ihr Ziel ist eine Steigerung der Transparenz im Bereich der Nachhaltigkeit. Um dies zu erfüllen, kommen auf Unternehmen unterscheidliche Berichtsanforderungen zu. Zudem sind zukünftig erheblich mehr Unternehmen betroffen. Kern der CSRD ist der neue European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Durch die ESRS müssen Unternehmen künftig nicht nur Klimafragen thematisieren, sondern auch Themen wie Verschmutzung, Wasser, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft. Und auch die soziale Nachhaltigkeit spielt zukünftig eine größere Rolle, ebenso wie die Themen Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen.
Die ESRS-Standards können > hier heruntergeladen werden.
Vorgesehen ist die Entwicklung und Verabschiedung der Berichtsstandards laut Umweltbundesamt in mehreren Phasen:
• Set 1: zwölf Berichtsstandards zu Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance und zu übergreifenden Anforderungen
• Set 2: branchenbezogene Berichtsstandards für zehn Branchen sowie vereinfachte Berichtsstandards für börsengelistete kleine und mittlere Unternehmen
• Set 3 und folgende: branchenbezogene Berichtsstandards für voraussichtlich 30 weitere Branchen
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Harald Rettich
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