Letzte Änderung
Klimaneutral heißt, dass alle durch Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse verursachten Treibhausgase mittels Klimaschutzmaßnahmen kompensiert werden. Das bedeutet aber nicht grundsätzlich, dass Emissionen reduziert werden oder gar keine mehr entstehen. Vielmehr wird das ausgestoßene CO₂ berechnet und die Emissionen durch die finanzielle Unterstützung anerkannter Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Solche Projekte können zum Beispiel langfristige Aufforstungen unterstützen oder den Ausbau erneuerbarer Energien fördern.
Das heißt, bisher konnten grundsätzlich alle Unternehmen, Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse klimaneutral sein. Ganz unabhängig davon, wie viele Schadstoffe sie verursachten.
Wichtig: Klimaneutral heißt nicht CO₂-frei. Während klimaneutral aussagt, dass entstandene Emissionen kompensiert wurden, bedeutet CO₂-frei, dass gar kein CO₂ ausgestoßen wurde – und zwar in der gesamten Lieferkette.
myclimate hat sich entschieden, die Bezeichnungen klimaneutral und Klimaneutralität nicht mehr zu verwenden. Dies aus zwei Gründen:
Erstens ist das regulatorische Umfeld nach dem Pariser Klimaabkommen ein anderes. Um Doppelzählungen von Emissionsreduktionen zu verhindern, wurden die sogenannten Corresponding Adjustments (CA) eingeführt. Mit diesen bestätigt das Land, in dem ein Klimaschutzprojekt stattfindet, die Einsparung der Emissionen und erlaubt zum Beispiel einem Unternehmen, sich diese als eigene Kompensation anzurechnen.
Allerdings stellt noch kein Land solche CAs aus. Unternehmen können sich die Kompensation also gar nicht anrechnen lassen und als Folge den Klimaneutralitätsclaim nicht weiter verwenden. Zudem kann die Kompensation Anreize zur Vermeidung und Reduktion von Emissionen verringern – für ein langfristiges Erreichen der Klimaziele ist es aber zentral, dass möglichst wenig CO₂ und andere Schadstoffe überhaupt in die Atmosphäre gelangen.
Und zweitens löst der Begriff bei vielen Menschen die Erwartung aus, dass gar keine Emissionen entstehen. Das führt zu Missverständnissen. Unternehmen, die «klimaneutral» in ihrer Kommunikation verwenden, können deshalb schnell Greenwashing-Vorwürfen ausgesetzt sein.
Der Begriff Klimaneutralität hat weiterhin eine sinnvolle und wichtige Verwendung. Unter anderem für langfristige Emissionsziele, beispielsweise von Staaten oder Städten mit dem Anspruch, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Netto-Null Emissionen auszustoßen.
So hat Deutschland das Ziel beschlossen, bis 2045 klimaneutral zu sein. Davor sind zwei Zwischenziele festgelegt: Bis 2030 sollen die Emissionen im Vergleich zu 1990 um mindestens 65 Prozent gesenkt werden, bis 2040 um mindestens 88 Prozent.
Werbeaussagen für Produkte können heute, trotz Kritik, prinzipiell noch den Begriff «klimaneutral» und ähnliche Beschreibungen beinhalten. Solche sogenannten Green Claims werden zum Beispiel in der Europäischen Union allerdings viel restriktiver geregelt.
Frankreich hat per 01.01.2023 bereits strenge Regeln für umweltbezogene Claims in der Werbung erlassen. Die EU als Ganzes will die Zügel mit der geplanten und strengeren Green Claims Verordnung ebenfalls anziehen. In der Folge dürfte derartige Werbung künftig nur noch in Einzelfällen erlaubt sein.
Die Wirkung in den einzelnen Mitgliedsstaaten wird von der genauen Umsetzung der Verordnung in den nationalen Gesetzen abhängen. Schon jetzt sind die Claims aber unter Druck: Verbraucher- und Konsumentenschutzorganisationen in der Schweiz und Deutschland haben Klagen und Beschwerden gegen Firmen eingereicht, die mit dem Begriff «klimaneutral» geworben haben.
Wirksamer Klimaschutz bedeutet aus Sicht von myclimate also nicht Kompensation allein, sondern lässt sich wie folgt zusammenfassen: «Do your best, take care for the rest» – oder auf Deutsch: «Tu dein Bestes und kümmer dich um den Rest».
Die drei zentralen Schritte sind:
Für Unternehmen und Organisationen heißt das konkret, dass sie zunächst Massnahmen zur lang- und kurzfristigen Vermeidung und Reduktion der eigenen Emissionen ermitteln sollten, sodass sie so wenige Treibhausgase wie möglich ausstoßen. Solche Reduktionspfade benötigen aber Zeit, bis sie ihre positive Wirkung entfalten. Zudem lassen sich mit der heutigen Technologie nicht alle Emissionen verhindern.
Hier kommen Investitionen in Klimaschutzprojekte ins Spiel, denn diese wirken sofort für das Klima. Deshalb sollten Unternehmen und Organisationen in einem zweiten Schritt Projekte im Umfang der aktuell noch nicht vermeidbaren Emissionen finanziell unterstützen.
myclimate rät dazu, umfassend und offen über die Bemühungen zu sprechen und diese transparent und von sich aus auszuweisen. So kommen Vorwürfe des Greenwashings erst gar nicht auf. Oder sie lassen sich zumindest proaktiv entschärfen.
Mit dem Impact-Label «Wirkt. Nachhaltig» reagiert myclimate auf diese Entwicklungen und bietet Unternehmen einen Weg, ihre Engagements für das Klima glaubwürdig nach außen zu tragen. Mit dem Impact-Label weisen sie aus, dass sie die Verantwortung für ihre von myclimate berechneten und plausibilisierten Emissionen übernehmen und einen positiven Beitrag zum Erreichen des globalen Klimaziels leisten.
Damit sie die Klippen der öffentlichen Wahrnehmung bei diesem Thema umfahren können, unterstützt myclimate Organisationen auch bei der Kommunikation ihrer Engagements.
Quellen:
Klimaschutzprojekte als Königsweg (swisscleantech.ch)
Klimaneutral - Was bedeutet das eigentlich? (climatepartner.com)
Klimaneutralität (klimaneutralitaet.de)
Verbräuchertäuschung mit vermeintlicher „Klimaneutralität“ (duh.de)
Konsumentenschutz reicht Beschwerden ein gegen Swisscom, Coca‐Cola und weitere Firmen (tagesanzeiger.ch)
Green claims (environment.ec.europa.eu)
Weitere spannende Informationen rund um den Klimawandel und Klimaschutz in Deutschland finden Sie in unserem Klimabooklet