SBTi-Debatte: Sollen Unternehmen sich Zertifikate für ihre Scope-3-Emissionen anrechnen lassen können?

Rund um die Science Based Targets Initiative (SBTi) wird seit dem Frühjahr kontrovers darüber diskutiert, ob Firmen zur Reduktion von Emissionen im Scope 3 (und teilweise Scope 2) auch auf den Kauf von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten setzen können. Der aktuelle Stand der Debatte sieht eine mögliche Öffnung der SBTi für den Einsatz von Zertifikaten vor, jedoch unter strengen Bedingungen und nur als Ergänzung zu klar definierten Reduktionszielen. Eine Entscheidung über die endgültige Position der SBTi wird voraussichtlich in den nächsten Monaten getroffen, nachdem weitere Konsultationen abgeschlossen sind und eine öffentliche Stellungnahme veröffentlicht wurde. myclimate beteiligt sich Stand heute nicht aktiv an der Konsultation. Wir nehmen aber gerne die Gelegenheit wahr, um unsere Sicht auf die Debatte zu schildern.

Stein des Anstoßes für die teils erbittert geführte Debatte in Fachkreisen war die Ankündigung des Managementteams der Science Based Targets Initiative, dass es zukünftig Unternehmen gestattet sein könnte, in einem gewissen Masse auch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette für die Erreichung der eigenen Ziele anzurechnen.  

Viele Mitarbeitende der SBTi aber auch diverse NGO und einige Wissenschaftler argumentieren, dass der ursprüngliche Fokus der SBTi darauf liegen sollte, Unternehmen zur direkten und nachhaltigen Reduktion ihrer Emissionen zu verpflichten, anstatt auf Kompensationsmaßnahmen zurückzugreifen. Sie befürchten, dass der Kauf von Zertifikaten dazu führen könnte, dass Unternehmen ihre Verantwortung zur Reduktion vernachlässigen.  

Die Gegenseite wiederum sieht in den Zertifikaten jedoch eine wichtige Übergangslösung, insbesondere für schwer zu reduzierende Emissionen. Sie plädiert für deren begrenzten Einsatz, um gerade den großen Herausforderungen von Unternehmen im Lieferkettenmanagement Rechnung zu tragen. 

 

 

myclimate und SBTi  

myclimate berät und begleitet Unternehmen auf ihrem Weg zu Net-Zero. Dabei unterstützen wir mit unserer Expertise auch Partner, wenn diese ein Commitment für SBTi abgegeben und die entsprechenden Ziele und Reduktionspfade setzen. Die SBTi hat es in den letzten Jahren geschafft, einen glaubwürdigen, ambitionierten und attraktiven Rahmen für Unternehmen zu schaffen, die als Vorreiter für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft vorangehen wollen. 

myclimate verfolgt daher die aktuelle Diskussion aufmerksam. In jeder Zusammenarbeit mit Unternehmenskund*innen legen auch wir immer den Fokus auf Reduktionsmaßnahmen. Ohne eigenen Reduktionsplan und die dementsprechenden Maßnahmen ist kein glaubwürdiges Klimaschutzengagement denkbar. Gleichzeitig kennen wir die Herausforderungen, die sich im Scope 3 für Unternehmen stellen, sehr genau. Viele haben schlicht nicht die direkten Einflussmöglichkeiten, um hier unmittelbar nachhaltigere Änderungen anzustoßen.  

 

 

Ob SBTi gültig oder nicht – Projekte sind essenzielle Klimaschutzinstrumente 

Anstelle davon, Partei zu ergreifen, und eventuell sogar in eine kleinteilige Diskussion darüber einzusteigen, zu welchem Prozentsatz Zertifikate für Scope-3-Emissionen angerechnet werden sollten, möchten wir die Wichtigkeit der Unterstützung von Projekten betonen. Die Grundsatzdebatte über den richtigen Weg für wirksamen, wissenschaftsbasierten, unternehmerischen Klimaschutz darf nicht außer Acht lassen oder gar in Frage stellen, dass wir heute mehr denn je sofort wirksame Klimaschutzmaßnahmen benötigen.  

Begleitend zu Reduktionsmaßnahmen, welche in der Regel Zeit benötigen, sind Klimaschutzprojekte außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette die einzige sofort wirksame Klimamaßnahme. Sie sind ein bewährtes Werkzeug, um heute den Emissionsfußabdruck von heute aufzuräumen. Denn dieser bleibt von Reduktionsmaßnahmen, die erst in der Zukunft wirken, unbeeinflusst. Gesamtgesellschaftlich benötigen wir mehr denn je sofortige Beiträge und Reduktionen, jeder dieser Beiträge hilft, die globalen Ziele zu erreichen. 

Projekte sorgen zudem dafür, dass die CO2-Emissionen innerhalb des Unternehmens jetzt schon einen Preis erhalten und setzen so einen betriebswirtschaftlichen zusätzlichen Anreiz, klimafreundlicher zu wirtschaften. Die Projekte wirken häufig in den Ländern, in denen sich Teile der Lieferkette hiesiger Unternehmen befinden. Sie entfalten ihre Wirkung vor Ort und machen die Region und damit die Lieferkette an sich auch resilienter. 

 

 

Mehr zur Wirksamkeit und Wichtigkeit von Klimaschutzprojekten erfahren Sie hier.  

myclimate ist davon überzeugt, dass die Mitarbeitenden und Verantwortlichen bei der SBTi eine Lösung finden werden, die vor allem dem weltweiten Klima dient. Das Instrument der Klimaschutzfinanzierung wurde von der SBTi in Form der «Beyond Value Chain Mitigation» als sinnvolle Maßnahme qualifiziert (siehe hier). Daran ändert weder eine Entscheidung für die Anrechenbarkeit in Scope-3-Ziele noch ein weiterer Ausschluss etwas.  

 

 

Glaubwürdige Kommunikation verhindert Greenwashing-Vorwürfe 

Wichtig bei der Unterstützung von Klimaschutzprojekten ist, dass Unternehmen nicht mehr von «Klimaneutralität» oder «Kompensation» sprechen. Die Stiftung myclimate hat bereits vor fast zwei Jahren entsprechend ihr Label von «klimaneutral» auf «Engaged for Impact» umgestellt und rät seit da allen Unternehmen, nicht mehr von Kompensation sondern von Klimaschutzfinanzierung zu sprechen. Dies verhindert Greenwashingvorwürfe und steht für ein glaubwürdiges Klimaschutzengagement.  

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